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Alina Grasmann - Der Planet auf dem TischAusstellung vom 2. Mai bis 25. Mai 2025![]() Alina Grasmann – Als die Bäume noch grünten (aus der Serie "House of the Spirits") - 2024 - Öl auf Leinwand - 160x210 cm, Foto: K.Sopcic In der Ausstellung präsentiert Alina Grasmann großformatige Gemälde. Die Werke entfalten Räume, die auf realen Orten basieren und zugleich das Imaginäre und Subjektive erforschen. Die Ausstellung lässt die Besucher in eine Welt zwischen Realität und Fiktion eintauchen. In ihren Werken verbindet Grasmann besondere, oftmals ikonische Architektur mit fiktiven Elementen und hinterfragt, wie wir Wirklichkeit wahrnehmen und wie diese durch Erinnerungen, Zeit und persönliche Assoziationen geformt wird. Die Gemälde gleichen Bühnenbildern ohne Handlung, in denen die Zeit stillzustehen scheint und verschiedene Ebenen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einem einzigen Moment zusammenfließen. Durch symbolhafte Motive und subtile Verfremdungen schafft Alina Grasmann neue Räume, die dazu einladen, eigene Assoziationen und Geschichten zu entfalten. Zur Künstlerin Alina Grasmann wurde 1989 in München geboren. Sie studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Karin Kneffel sowie in Wien an der Universität für angewandte Kunst. Von 2017 bis 2018 nahm Alina Grasmann in New York am Artist-in-Residence-Programm der NARS Foundation in Brooklyn teil. Von 2021 bis 2022 war sie Artist-in-Residence auf der Rocking S Art Ranch in Phoenix, Arizona, sowie in der Fridman Gallery in Beacon, New York. Alina Grasmann lebt und arbeitet in München. Weitere Informationen zu Alina Grasmann unter alinagrasmann.com Einführungsrede Alina Grasmann – Der Planet auf dem Tisch (Dr. Achim Sommer 2.5.2025)"Alina Grasmann wurde im Mai 1989 in München geboren," – und gleich der erste Nebensatz in ihrem Website-Eintrag zitiert ihre wichtigste und prägende Lehrerin – "wo sie an der Akademie der Künste in der Klasse von Karin Kneffel studierte." Doch Grasmann startete nach dem Abitur 2008, zunächst an der Ludwig-Maximilians-Universität München ein Studium der Kunstpädagogik, wobei sie auch ein Praktikum in einem Münchner Restaurierungsatelier absolvierte. Seit 2009 studierte Alina Grasmann dann freie Kunst bei Karin Kneffel. 2012/13 absolvierte sie ein Auslandssemester an der Universität für angewandte Kunst Wien in der Klasse für Fotografie bei Gabriele Rothemann. 2016 besuchte sie eine Meisterklasse bei Karin Kneffel und schloss im Februar 2017 ihr Kunstdiplom ab.Von 2017-18 lebte Alina Grasmann in New York City, wo sie am Artist-in-Residence Programm der NARS-Foundation (New York Art Residency and Studios) in Brooklyn teilnahm. Ende 2021 bis Mitte 2022 war Grasmann Artist in Residence der Rocking S Art Ranch in Phoenix, Arizona, sowie der Fridman Gallery in Beacon, New York. Die Künstlerin kann auf eine ganze Reihe von Ausstellungsbeteiligungen und auch Einzelausstellungen in Deutschland und den USA zurückblicken. Sie hat mehre Kunstpreise verliehen bekommen, zuletzt 2021 den Hans-Purrmann-Förderpreis der Stadt Speyer. Alina Grasmann lebt und arbeitet heute in München. Wir erkennen ad hoc die ästhetisch und technisch hohen Qualitäten dieser extrem realistisch ausgeprägten Malerei, wie sie uns hier in den Gemälden von Alina Grasmann begegnen. In großformatigen Kompositionen öffnet sie Räume, die durch Glaswände und Vorhänge strukturiert werden. Charakteristisch erscheinen Durchblicke von außen nach innen und wieder in den Außenraum. Komplexe Reflektionen und Spiegelungen ziehen unsere Blicke in die Interieurs, wo sie Orientierung in der räumlichen Disposition und Details des Mobiliars suchen. Das Besondere dieser aktuellen und noch nicht abgeschlossenen Bildserie mit dem Titel "House of the Spirits" ist nicht nur, dass sie hier im Brühler Kunstverein zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wird, sondern auch, dass Grasmann erstmalig menschliche Figuren in den strengen architektonischen Ensembles interagieren lässt. Ihre Serien von 10 bis max. 15 Bildern widmen sich realen Räumlichkeiten spezifischer Häuser moderner Architektur, die die Künstlerin eingehend studiert und besichtigt, um dann vor Ort zu entscheiden, ob sie als malerisches Projekt in Frage kommen. Dabei spielen ihre Intuition, ihre Emotionen und die damit verbundenen Assoziationsmöglichkeiten eine wichtige Rolle. Bereits während ihrer fotografischen Dokumentation (wir sehen sie dem Bild "Als die Bäume noch grünten" als Spiegelung von außen fotografierend) nähert sich Grasmann konzeptueller Ideen, die sie entwickeln könnte, den Fragen und Gefühlen, die sie mit dem spezifischen Ort in Verbindung bringt. Die dort von ihr aufgenommenen Fotos verwendet die Künstlerin als digitale Skizzen, die sie über einen längeren Zeitraum hinweg bearbeitet. Sie verändert etwa die Lichtführung, revidiert oder tilgt Details, fügt Objekte hinzu, bis alles dem Gefühl nahekommt, das ihren Besuch inspiriert und bereichert hat. Alina Grasmann betrachtet und nutzt ihre Bilder als Bühne oder Filmkulisse. Die häuslichen Situationen, die sie in ihren bisherigen Serien arrangierte, sind menschenleer bzw. verweisen auf die Abwesenheit von Menschen, die eine alltägliche Handlung unterbrochen haben, wobei stehengelassene Dinge, die darauf verweisen, auch in zwei Bildern dieser Serie anzutreffen sind. "House of the Spirits" nimmt ein Gebäude des österreichisch-amerikanischen Architekten Richard Neutra, ein Pionier des modernen Internationalen Stils, als Vorlage, der es 1932 für sich und seine Familie in Los Angeles als radikales "Glashaus" errichten ließ. Es wurde "VDL Research House" genannt, weil es mit einem Darlehen seines Freundes van der Leeuw, eines niederländischen Industriellen und Architekturliebhaber, gebaut wurde. Im März 1963 zerstörte ein Brand das gesamte Haus. Nur das 1940 im hinteren Teil des Grundstücks errichtete Gartenhaus blieb verschont. Neutras Sohn Dion gestaltete zusammen mit seinem Vater das Haupthaus neu. Im Design gab es einige Änderungen, die ein Kritiker zu der Bemerkung veranlasste, dass die ursprüngliche Klarheit nun verschwunden sei, aber das neue Haus eine sprunghafte visuelle Komplexität gewonnen habe. Von dieser Komplexität sind auch die malerischen Versionen der Räumlichkeiten durchdrungen, wobei Grasmann zunächst die formalen Qualitäten der Außen- und Innenarchitektur bei ihrer Darstellung betont, ohne die naturnahe Einbettung des Ganzen zu vernachlässigen, denn der Kontrast geometrischer Formen zur Natur inspirierte den Architekten (der übrigens über 300 Privathäuser entwarf) immer wieder. Sodann erscheinen Menschen, die sich im Grad ihrer realistischen Verdichtung von der Klarheit und Strenge der architektonischen Strukturelemente mit ihren lichten Durchblicken absetzen. Das mag zum einen an der Herausforderung für Alina Grasmann liegen, nach längerer Zeit wieder Menschen zu malen, doch relevanter ist ihre Entscheidung, diese Figuren nicht vollständig präsent, sondern eher schemenhaft, gleichsam geisterhaft darzustellen. Dieser Eindruck verstärkt sich, indem sie nur indirekt durch Spiegelungen, im Hintergrund oder auch außerhalb der Räume sichtbar sind. Die Menschen erscheinen wie Interferenzen in Raum und Zeit, die die architektonischen Ansichten subtil verfremden. Diese Überlagerungen verdanken sich einer konkreten und assoziativen Erinnerungsarbeit der Künstlerin. Grasmann wurde durch die Lebensspuren der in der Vergangenheit vor Ort Wohnenden inspiriert. So war sie fasziniert von der fragmentarisch erhaltenen Bibliothek, versehen mit persönlichen Widmungen in deutscher Sprache. Diese Bücher bilden Spuren eines früheren Lebensraums und schlagen gleichsam eine Brücke zwischen der alten Heimat Neutras in Österreich und der neuen Welt nach seiner USA-Übersiedlung 1923. Grasmann zitiert Buchtitel aus dieser Bibliothek in ihren Bildtiteln. So erklärt sich auch der Titel der Ausstellung "Der Planet auf dem Tisch". Es ist der Titel einer Gedicht- und Sprichwörter-Sammlung des amerikanischen Lyrikers und Essayisten Wallace Stevens (1879 – 1955) und des Gemäldes, in dem die Familie der Künstlerin am Kaffeetisch im Gartenbereich unvermittelt auftaucht. Dass diese Sphäre eigentümlich vom Hausinneren getrennt ist, zeigt der Küchenesstisch, auf dem eine Torte mit Kerzen, die gerade ausgepustet wurden, steht; die Vase ist noch leer, der Rosenstrauß daneben abgelegt. Das Thema Erinnerung wurde durch die Beschäftigung Grasmanns mit den Fotos aus dem Nachlass ihres Großvaters, der vor zwei Jahren verstarb, virulent. "Durch seine Alzheimer-Erkrankung begannen sich in seiner Wahrnehmung alle Zeiten zu vermischen, während die Gegenwart langsam verblasste." (A.G.) Auf seinen Fotos taucht seine Frau immer wieder auf. Im Gemälde "Ferientage" wird auf den Fundus der Fotos verwiesen, die am linken Bildrand auf der Tür mit Tesastreifen fixiert sind. Das junge (Großeltern-) Paar erscheint zudem lächelnd sitzend in Badekleidung, wie beiläufig, aber doch überraschend, im Garten, in der Wiedergabe geteilt durch die Spiegelung. So taucht Alina Grasmanns Großmutter in jedem der hier präsentierten Gemälde auf. Obwohl von der Künstlerin eigentlich nicht geplant, sind diese Arbeiten auch zu einem außergewöhnlichen Portrait ihrer Großmutter geworden. Mit dieser Hommage zeigt sich, wie sehr die Bühne des Neutra-Hauses mit den subjektiven Manifestationen der Erinnerung bespielt werden. Ein weiteres Beispiel ist das Motiv der Rosen, die für Grasmann als Verankerung dienen: "ein symbolisches Band zur Vergangenheit, eine Rückschau auf Heimat, aber auch auf das Finden eines neuen Zuhauses. Die Rosen stehen für eine Verbindung zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem, eine Spur der Erinnerung, die sich in den Räumen entfaltet." So sind ihre Großeltern unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Sudetendeutsche aus der Tschechoslowakei vertrieben worden und haben schließlich in Kassel in der – nomen est omen – Rosenblath-Str. ein neues Zuhause gefunden. Die Serie von Alina Grasmann veranschaulicht eindrucksvoll, wie die strengen Räume eines Architektenhauses in Kalifornien als Folie und Bühne für die emotionale Dynamik und die komplexen Mechanismen des Erinnerns und dessen spezifische Visualisierung dienen können. Die visuellen Koppelungen und biografischen Überlagerungen zweier Familiengeschichten halten die Kompositionen in Spannung. Sie bleiben Irritationsmomente, die unsere Betrachtung in Gang halten, und uns immer wieder zur Reflexion animieren, ganz im Sinne der Malerin. Für sie sind die Erinnerungen wie Geister "allgegenwärtig, oft nur schemenhaft greifbar. Sie begleiten uns, tauchen in Träumen auf, verweben sich mit unseren Gedanken und hinterlassen Spuren." Alina Grasmann weiter: "Erinnerung hilft mir, meine eigene Identität zu erkunden, mein Verhältnis zur Zeit zu begreifen und mich zu verorten. Das Haus wird in meiner Serie zu einem Ort der Gleichzeitigkeit, an dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ineinanderfließen." Das Ganze geschieht in einem Prozess der Malerei, in der Wirklichkeiten dargestellt, zugleich erfunden, verfremdet und befragt werden, so, dass neue Perspektiven entstehen. |
Bilder von der Eröffnung![]() Karola Meck-Theben, Dr. Achim Sommer, Alina Grasmann und Gaby Zimmermann (v.l.n.r.) ![]() Die Vereinsvorsitzende Gaby Zimmermann begrüßte die Gäste und eröffnete die Ausstellung. ![]() Der Musiker Benny Gremmler unterhielt das Publikum mit Gesang und der Ukulele. ![]() Dr. Achim Sommer, der ehem. Direktor des Max Ernst Museums Brühl, hielt eine interessante Einführung in die Werke von A.Grasmann. ![]() ![]() Eine Besucherin im Gespräch mit der Künstlerin Alina Grasmann (l). ![]() ![]() An dem schönen Frühsommerabend klang die Eröffnung bei Getränken und Gesprächen unterhaltsam aus. Blick in die Ausstellung![]() Sieben großformatige Werke aus der Serie "House of the Spirits" von Alina Grasmann schmücken die Alte Schlosserei ![]() ![]() Fotos: G.M.Wagner |